Militärische Lagekarte auf dem Microsoft Surface

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Die “Militärische Lagekarte” ist eine Anwendung für das Microsoft Surface, die im Sommer 2010 an der Universität der Bundeswehr München in einem Programmierprojekt der Professur für Programmierung kooperativer Systeme an der Fakultät für Informatik entstand. Sie dient in erster Linie dazu, die herkömmlich genutzten Lagekarten in Papierform zu ersetzen und die Vorteile einer mehrbenutzerfähigen digitalen Karte, wie das schnelle Wechseln des dargestellten Kartenausschnitts oder das Zoomen, zu nutzen und gleichzeitig zu einer besseren soziotechnischen Integration beizutragen.

httpvh://www.youtube.com/watch?v=mqG3wuJLyXo

Ein wesentlicher Vorteil liegt in der digitalen Unterstützung der Auswahl zu setzender taktischer Zeichen.

Flexibel nutzbares Kartenmaterial

Im Gegensatz zu papiergebundenen Karten bietet das Surface die Möglichkeit, verschiedene Kartendienste und Detaillierungsgrade je nach angestrebem Einsatzszweck zu nutzen und ggf. zu kombinieren. Auf der Karte eingetragene Zusatzinformationen bleiben beim Wechseln der Karte entsprechend erhalten.

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Die Interaktionsmöglichkeiten reichen dabei von einfachen Zoom- und Drehaktionen bis hin zum Setzen und Verschieben komplexer taktischer Zeichen.

[nggtags gallery=Militärische_Lagekarte+Karte]

Taktische Zeichen zur Darstellung der Lage

Das Surface ermöglicht durch die große Zahl an zur Verfügung stehenden, intuitiven Touchgesten eine natürliche, leicht zu erlernende und freudvolle Art der Bedienung der digitalen Karte sowie der darauf platzierten taktischen Zeichen. Die taktischen Zeichen repräsentieren jeweils einen Truppenverband, einzelne Fahrzeuge oder Soldaten.

Einen Eindruck davon, wie taktische Zeichen aufgebaut sind und v.a. wie sie zu konkreten Zeicheninstanzen kombiniert werden können, vermittelt nachfolgende Darstellung:

Bezeichnung Taktisches Zeichen
Grundzeichen Beispiel für taktische Zeichen, Grundzeichen
Panzer Beispiel für taktische Zeichen, Modul Panzer
Grenadier Beispiel für taktische Zeichen, Modul Grenadier
Aufklärer Beispiel für taktische Zeichen, Modul Aufklärer
Panzeraufklärer Beispiel für taktische Zeichen, Zeichen für Panzeraufklärer
Panzergrenadier Beispiel für taktische Zeichen, Zeichen für Panzergrenadier

Eine mit taktischen Zeichen versehene Lagekarte könnte beispielsweise folgendermaßen aussehen. Dabei steht die Färbung des Zeichens für den Status des repräsentierten Truppenteils mit den Unterscheidungen, freundlich (blau), feindlich (rot), neutral (gelb) und unbekannt (grau).

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Setzen taktischer Zeichen

Um schnell durch die Vielzahl von verschiedenen, nach dem oben dargestellten Kombinationsschema modular aufgebauten taktischen Zeichen navigieren zu können, wurde ein kaskadierendes Menü entwickelt. Da es weit über 1.000 verschiedene konkrete taktische Zeichen gibt, zeigt die erste Menüebene jeweils nur die grundlegenden Gattungen an und kaskadiert dann in den folgenden sich automatisch öffnenden Ebenen immer wieder zu konkreteren Instanzen. Hierdurch wird es mit intuitiv verständlichen Mitteln möglich, die ohne ausreichende Übung unüberschaubar große Zahl verfügbarer taktischer Zeichen auf eine kognitiv leicht erfassbare Größenordnung herunterzubrechen.

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Nichts ist so beständig, wie die Lageänderung – Modifikation von taktischen Zeichen

Durch die Interaktivität des Surface können externe Lageinformationen schnell in die Darstellung auf dem Surface eingebunden werden und von den Nutzern, z.B. den Soldaten in den Führungsstäben der Bundeswehr, zur weiteren Einsatzplanung herangezogen oder zur Planung verschiedener Szenarien modifiziert werden. Auch das Verschieben eines Zeichens auf der Karte kann mit der militärischen Lagekarte auf dem Surface leicht durchgeführt werden, wohingegen ein einmal auf einer Papierkarte eingezeichnetes Zeichen statisch ist und entsprechend nicht mehr modifiziert werden kann.

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Weitere Interaktionsmöglichkeiten zu taktischen Zeichen

Die folgende Galerie zeigt noch einige weitere Interaktionsmöglichkeiten rund um die Einbindung taktischer Zeichen in die militärische Lagekarte:

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Hintergrundinformationen zum Projektsetting

Der Prototyp der militärischen Lagekarte auf dem Surface ist das Ergebnis eines Master-Projektes der beiden Wirtschaftsinformatiker Tim Saldik und David Weidt in Kombination mit einem Praktikum der Informatik-Studenten Ronny Vogel, Steffen Schurig und Richard Krug. Im Rahmen des Masterprojekts wurde die Anwendung zunächst konzipiert und anschließend während des Praktikums auf der Basis InfoStrat.VE[ref]Weitere Informationen zur Entwicklung mit InfoStrat.VE sowie der Download des Projekts sind verfügbar unter http://bingmapswpf.codeplex.com/. Andere zum Teil auf Virtual Earth basierende Projekte von InfoStrat für das Microsoft Surface befinden sich unter http://www.infostrat.com/home/solutions/Surface/.[/ref] umgesetzt, das das Kartenmaterial bereitstellte und die Nutzung des Materials auf dem multitouchfähigen Microsoft Surface durch Gestensteuerung ermöglichte. Die Anwendung wurde mittels der agilen Scrum Methode entwickelt, wobei ein Sprint eine Dauer von dreieinhalb Tagen hatte und insgesamt sieben Sprints vorgesehen waren. Den Wirtschaftsinformatikern kam dabei die Rolle der “Product Owner” zu, während die Informatiker das Scrum-Team bildeten. Als Scrum Master fungierte zusätzlich der Projektbetreuer Florian Ott.

Über Tim Saldik

Student der Wirtschaftsinformatik an der Unversität der Bundeswehr München seit 2007, derzeit im Masterstudium. Offizier der Luftwaffe seit 2009.
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7 Antworten zu Militärische Lagekarte auf dem Microsoft Surface

  1. Duschl Herbert OSF d.R. sagt:

    Hallo,
    bin Angehöriger des KVK in DEGGENDORF und habe den Auftrag ab 19.05.2011
    (4 Tage Wehrübung) einen Unterricht über die Lagekarte zu halten.
    Habe Ihre Seite gefunden und habe als alter pensionierter Berufsssoldat großes Interesse an Ihrer digitalen Kartenwelt bzw. Lagekarte.
    Wie bekommt man Zugang zu dieser tollen Sache bzw. wie kann ich das meinen
    Angehörigen des KVK´s vielleicht auch darstellen / zeigen ?
    Ich bitte dabei um Unterstützung.
    Mit kameradschaftlichen
    Herbert Duschl

  2. Florian Ott sagt:

    Wie bekommt man Zugang zu dieser tollen Sache bzw. wie kann ich das meinen
    Angehörigen des KVK´s vielleicht auch darstellen / zeigen ?

    Bei der Anwendung handelt es sich wie oben beschrieben um eine prototypische Experimentierversion für das Microsoft Surface (v1), die aufgrund der dort verwendeten Interaktionsmechanismen nicht bzw. nur sehr eingeschränkt auf “normalen” Computern genutzt werden kann. Sofern Sie ein Surface haben oder auftreiben können, lasse ich Ihnen die Anwendung gerne zukommen. Andernfalls bliebe nur die Möglichkeit, sich das Ganze vor Ort hier in der UniBwM in Neubiberg demonstrieren zu lassen oder das oben eingebettete Youtube-Video als “Demonstrator” zu verwenden.

  3. Moritz sagt:

    Hallo Tim,

    super Projekt habt ihr da konzipiert und umgesetzt! Gibt es zu dieser Arbeit auch eine Veröffentlichung (z.B. Bachelor- oder Masterarbeit)? Ich arbeite momentan an einem ähnlichen Projekt (http://www.speedup-projekt.de/) und beschäftige mich mit der Visualisierung von Kartenicons in Abhängigkeit vom Zoomlevel. Deswegen würde mich interessieren, wie ihr auf eure Visualisierung gekommen seid und welche Related Work ihr verwendet habt.

    Viele Grüße,
    Moritz

    • Florian Ott sagt:

      Gibt es zu dieser Arbeit auch eine Veröffentlichung (z.B. Bachelor- oder Masterarbeit)?

      Das Ganze ist im Rahmen eines Praktikums entstanden, so dass neben der kurzen Dokumentation hier im Blog in diesem Fall primär die Einarbeitung in die Surface-Programmierung sowie die tatsächliche / praktische Umsetzung einer Anwendung und nicht das wissenschaftliche Konzept im Vordergrund stand. Es gibt also leider keine Veröffentlichungen dazu.

      Deswegen würde mich interessieren, wie ihr auf eure Visualisierung gekommen seid und welche Related Work ihr verwendet habt.

      Die Visualisierungen sind primär auf Basis der Erkenntnisse zu anderen (synchron-mehrbenutzerfähigen) User Interfaces aus dem Bereich CommunityMirrors entstanden, zu dem sich hier auf der Plattform bereits erste Informationen finden. Leider gibt es noch nicht allzu viele wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit der Problematik im Allgemeinen beschäftigen. Wir sind allerdings gerade dabei, eine Literatur-Sammlung rund um die Thematik “Soziotechnische Integration” vorzubereiten, innerhalb derer auch Quellen zu diesem Themenbereich gesammelt werden, so dass im Laufe der nächsten Wochen hier auf der Plattform einige weiterführenden Informationen vorhanden sein sollten.

  4. jk sagt:

    Ist es auch für zivile Zwecke nutzbar?
    Für eine Lagekarte einer Hilfsorganisation bei z. B. Bränden, Evakuierungen
    wie bekommt man Zugang?
    Surface ist vorhanden

    • Florian Ott sagt:

      Ist es auch für zivile Zwecke nutzbar?

      Das Projekt war, wie oben beschrieben, stark experimenteller Natur mit dem Hintergrund die Übertragbarkeit der militärischen Lageplanung auf neue Benutzerschnittstellen zu testen und dabei gleichzeitig Verbesserungspotenziale aufzuzeigen. Nachdem die prototypische Umsetzung auf der Bibliothek InfoStrat.VE für die Kartenanbindung basiert und somit statt einer speziellen militärischen Karte eine Standardkarte von Bing Maps verwendet wurde, könnte das Ganze natürlich relativ problemlos auf andere Bereiche übertragen werden. Beispiele hierzu finden sich u.a. auf http://bingmapswpf.codeplex.com/wikipage?title=Application%20list&referringTitle=Home.

      […] wie bekommt man Zugang?

      Direkten Zugang zu dieser militärischen Version ist leider nicht ohne Weiters möglich. Bei Interesse könnte ich mir allerdings gut vorstellen, ein entsprechendes studentisches Projekt zur Anpassung / Weiterentwicklung für Hilfsorganisationen auszuschreiben, das dann auch kostenlos hier offengestellt wird.

  5. Florian Ott sagt:

    Ein ähnliches Projekt zur Unterstützung der Koordination in regionalen Krisensituationen wurde bis 2011 im Forschungsprojekt “MACCH: A Multi-Agency Collaboration and Coordination Hub” an der Universität Waterloo untersucht. Weitere Informationen unter http://www.nserc-surfnet.ca/pmwiki.php?n=SurfNet.ScottMACCH.

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