Green Gamification

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Im vorliegenden Beitrag wird der Einsatz von Methoden der Spielifizierung (Gamification) im Bereich des Umweltschutzes beschrieben. Zunächst wird eine gemeinsame Definition für Gamification und Umweltschutz gesucht. Anschließend werden verschiedene bereits existierende Projekte rund um den Bereich “Green Gamification” vorgestellt und die verwendeten Methoden der Spielifizierung erörtert. Im abschließenden Fazit folgt die Diskussion der Vor- und Nachteile sowie der  Grenzen von  “Green Gamification”.

Gamification und Umweltschutz

Computerspiele nehmen in unserer heutigen Zeit bereits einen wichtigen Teil des kulturellen Lebens ein. Seien es Online-Spiele, wie zum Beispiel „World of Warcraft“ oder „EVE-Online“, Mehrspieler-Konsolenspiele wie „Mario Party“ oder „Wii Sports“, oder Singleplayer-Spiele, wie beispielsweise „Fallout 3“. Sie alle begeistern Millionen von Spielern weltweit und versuchen diese durch Ranglisten, Trophäen, Titel oder Geschenke zu motivieren immer weiter zu spielen. Dass diese Motivatoren durchaus funktionieren, lässt sich vor allem an den stetig steigenden Verkaufszahlen und der hohen Anzahl an täglichen Online-Spielern ablesen (Blauer Bote, 2012[ref]Blauer Bote (2012): Meldungen zu Verkaufszahlen in der Kategorie Computerspiele, Games, http://blauerbote.com/index.php?r=Verkaufszahlen&k=News&s=de&sp=de&sk=36&c=1.[/ref]). Das Potenzial dieser Motivatoren wird mittlerweile auch für andere Bereiche adaptiert und unter dem Begriff „Gamification“ verwendet[ref]Für eine Einführung in den Bereich Spielifizierung (Gamification) siehe beispielsweise den Grundlagenartikel zu Spielifizierung auf dieser Plattform.[/ref]. Sieht man sich beispielsweise die Unternehmenswelt an, so haben auch erste Firmen wie beispielsweise BMW  (Silverman, 2011[ref]The Wallstreet Journal (2011): Latest Game Theory: Mixing Work and Play, http://online.wsj.com/article/SB10001424052970204294504576615371783795248.html.[/ref]) oder SAP (Sheehan, 2009[ref]Sheehan, Bob (2009): Managing the Innovation Process – Managing the Pipeline, Innovation Summit 2009, http://www.techcolumbus.org/files/ng_Track_3_Managing_The_Pipeline_Bob_Sheehan.pdf.[/ref]) das Motivationspotenzial bereits erkannt eigene Ideen in Software umgesetzt. Ein weiterer Bereich, der zurzeit eine starke Veränderung durch Gamification erlebt, ist der Bereich des Umweltschutzes. Früher nicht unbedingt wahrgenommen, erlebt dieser Bereich inzwischen im Zuge der Wortschöpfung „Green Gamification“ eine wahre Renaissance. Um den Grundgedanken der „Green Gamification“ zu verstehen, müssen zunächst die Begriffe Gamification und Umweltschutz definiert werden, um unter dem Oberbegriff „Green Gamification“ in einen gemeinsamen Kontext gerückt werden zu können. Versucht man den Begriff Gamification zu definieren, fällt auf, dass keine allgemeingültige Erklärung existiert, vielmehr findet sich eine Vielzahl verschiedener Erklärungsversuche. Beginnt man den Begriff zu recherchieren, so fällt als erstes diese Definition ins Auge:

“Gamification is the use of game design elements in non-game contexts” (Deterding et al , 2011[ref]Deterding, S., Khaled, R., Nacke, L.E., Dixon, D. (2011) Gamification: Toward a Definition, CHI 2011 Gamification Workshop Proceedings, http://hci.usask.ca/publications/view.php?id=219 , Vancouver, BC, Canada.[/ref])

Weitere Definitionen sehen Gamification als „Nutzen von Spieldesigns und Spielmechaniken um Probleme zu lösen und das Publikum zu beteiligen“ (Gamification Wiki, 2012[ref]Gamification Wiki (2012): Gamifiaction, http://gamification.org/wiki/Gamification.[/ref]) oder als die „Einführung von Spielmechaniken, Spieldesigns und Spielstilen in alles“ (Gamification Wiki, 2012[ref]Gamification Wiki (2012): Gamifiaction, http://gamification.org/wiki/Gamification.[/ref]). Im weiteren Sinne stellt Gamification also das Verwenden von Spielelementen und -Designs in spielfremde Umgebungen zur Steigerung der Nutzermotivation dar. Bei den angesprochenen Spielelementen, beziehungsweise Mechaniken, handelt es sich dabei um durchaus bekannte Elemente wie zum Beispiel Level- und Questsysteme, Achievements in Form von Badges und Rewards, oder auch Anerkennungen wie das Erreichen eines bestimmten Status. [ref]Weitere Informationen zu den Hintergründen von Gamification finden sich im Grundlagenbeitrag zu Spielifizierung auf dieser Plattform.[/ref] Ist man bestrebt, die Bedeutung des Begriffs “Umweltschutz” zu definieren, so fällt dies wesentlich leichter. Umweltschutz in diesem Sinne kann gesehen werden als:

„Gesamtheit der Maßnahmen, die Behörden, Unternehmen und Privatpersonen ergreifen, um die Lebensgrundlagen Luft, Boden und Wasser, ihre Zusammenhänge untereinander sowie das Leben von Mensch, Tier und Kleinlebewesen in ihnen vor nachteiligen Veränderungen, insbesondere vor nachhaltiger Verschmutzung zu schützen.“[ref]Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Umwelt (2012): Umwelt-Lexikon,  http://www.stmug.bayern.de/service/lexikon/u.htm#Umweltschutz.[/ref].

Vereint man beide Begriffe, um die Bedeutung von „Green Gamification“ zu klären, ist augenscheinlich, dass damit das Einbringen von Spielmechaniken und -Designs in die Maßnahmen zum Schutze der Umwelt und somit zum Erhalt unserer Lebensgrundlage gemeint ist, um die Partizipationsmotivation am Umweltschutz zu erhöhen. Das dies schwierig ist, sehen wir beinahe tagtäglich, sei es auf die Straße geworfener Müll, Kraftwerke und Fabriken die Kohlendioxid ausstoßen, oder kilometerlange Fahrzeugschlangen, die sich durch deutsche Städte ziehen. Um den Status quo zu ändern, reicht es nicht aus, nur die Menschen zu ermutigen, sich am Umweltschutz zu beteiligen. Es müssen auch Themen wie Informationsverbreitung, Zerstreuung von Falschinformation, und die Möglichkeit der Awareness-Steigerung behandelt werden (King, 2012[ref]King, Ivory (2012): “Green Gamification” can help companies make sustainability fun, L’Atelier BNP Paribas Group, http://www.atelier.net/en/trends/articles/green-gamification-can-help-companies-make-sustainability-fun.[/ref]).

Green Gamification Beispiele

Weltweit haben sich verschiedenste Firmen und Iniativen mit dem Thema „Green Gamification“ beschäftigt und verschiedene Ansätze für das Einbringen von Spielmechaniken in ihre Produkte und Ideen erarbeitet. Der folgende Abschnitt gibt einenÜberblick über verschiedene Projekte, wie zum Beispiel den von VW initiierte „Fun-Theory“-Award, oder die Web-Community „Practically Green“. Anschließend folgen weitere kleinere, dennoch nicht uninteressante, Beispiele, sowie die innerhalb dieser Projekte verwendeten Spielmechaniken (Gamification Wiki, 2012[ref]Gamification Wiki (2012): Gamification Mechanics, http://gamification.org/wiki/Game_Mechanics.[/ref]). Die Umsetzungen von Green Gamification dienen für den weiteren Verlauf des Artikels als Grundlage für die Diskussion der Vor- und Nachteile, um eine tatsächliche Beeinflussung und Motivationssteigerung zu ermöglichen.

VW’s „Fun-Theory“-Award

Bereits 2009 hat die Volkswagen AG eine Initiative gestartet, die findige und technisch begeisterte Menschen anregen sollte, ihre Ideen zu realisieren oder wenigstens zu Papier zu bringen. Bei „The Fun Theory-Award“ ging es allerdings im Schwerpunkt nicht um den Umweltschutz. Viel eher strebte VW mittels „Spaß“ die Veränderung des allgemeinen Verhaltens von Passanten zum „Besseren“ an – unabhängig davon, wie dieses im konkreten Einzelfall jeweils definiert wurde. Die Resonanz bestand unter anderem aus einer Vielzahl von kurzen Videos, die auf durchaus eindrucksvolle Art und Weise aufzeigten, was realisiert wurde und wie die Wirkung auf das Umfeld war (Volkswagen, 2009[ref]Volkswagen AG (2009): http://www.thefuntheory.com/.[/ref]). Einige der vorliegenden Videos sind auch im Rahmen dieser Arbeit von Interesse. So wird durch den Beitrag „The worlds deepest bin“ das Umfeld angeregt, Müll in einem dafür vorgesehenen Behälter zu entsorgen oder durch „Bottle Bank Arcade“ das Flaschen-Recycling zu einer spielerischen Herausforderung stilisiert. Beiden Projekte sind Beispiele für „Green Gamification“ im Sinne der „Gamification of Environment“ und werden daher im Folgenden kurz vorgestellt.

„The World’s Deepest Bin“

Ziel war es, Passanten für eine ordnungsgemäße Entsorgung ihres Mülls zu begeistern. Was für viele wie eine Selbstverständlichkeit klingt, ist heute in Großstädten ein schwerwiegendes Problem. Die Idee von “The World’s Deepest Bin” bestand in der Modifikation eines herkömmlichen Mülleimers mittels Akustikanlage, so dass dieser bei Einwurf von Müll den Sturz in ein tiefes Loch akustisch vortäuscht. Eine sehr einfache und zugleich geniale Idee mit durchaus vorzeigbaren Ergebnissen. Gemäß Video (Volkswagen, 2009[ref] Volkswagen AG (2009): The world’s deepest bin http://www.thefuntheory.com/worlds-deepest-bin.[/ref]) waren es vor der Modifikation des Mülleimers täglich 41kg und mit ganze 72kg, was immerhin einer Steigerung von ca 70% entspricht.

httpvh://www.youtube.com/watch?v=cbEKAwCoCKw

Die Analyse auf konkrete „Game Mechanics“ ist bei diesem Beispiel relativ umständlich, da die betroffene Person keinen direkten Gewinn erfährt. Um zu verstehen, was eine Person antreibt, sich verstärkt diesem Mülleimer zu widmen, muss man die klassischen „Game Mechanics“ etwas anders interpretieren. Genutzte „Game Mechanics“ könnten demnach sein:

  • Achievements: Die Person wird mittels eines akustischem Ereignisses belohnt. (unsicher)
  • Bonus: Die Person erhält eine akustische Belohnung nur durch erfolgreiches Entsorgen von Müll. (unsicher)
  • Quests: Die Person muss eigenen oder aufgenommenen Müll im Mülleimer treffsicher entsorgen. (unsicher)
  • Status: Die Person wird im näheren Umfeld positiv hervorgehoben.
  • Urgent Optimism: Die Person weiß, dass sie belohnt wird.

„Bottle Bank Arcade“

Durch das subventionierte Plastikflaschen- und Dosen-Recycling ist die ältere, aber weniger finanziell motivierte Form des Umweltbewusstseins, nämlich die des Glasrecyclings, leicht in den Hintergrund gedrängt worden. Um diesem Effekt entgegen zu wirken, kam durch einen schwedischen Erfinder die Idee auf, nicht durch finanziellen Anreiz, sondern durch eine spielerische Herausforderung Interesse am (Glas-)Flaschenrecycling zu wecken (Volkswagen, 2009[ref]Volkswagen AG (2009): Bottle Bank Arcade Machine http://www.thefuntheory.com/bottle-bank-arcade-machine.[/ref]). Der Erfinder baute einen Flaschencontainer und integrierte ein „Einwurfspiel“ unter dem Namen “Bottle Bank Arcade”, welches im Grunde aus einer Vielzahl von Einwurfmöglichkeiten bestand, die zufällig aktiviert wurden und bei erfolgreichem Einwurf Punkte brachten. Entgegen der Idee von „The world’s deepest bin“ besteht dieses Konzept also tatsächlich aus einem Spiel. Das dazugehörige Video zeigt, dass schon allein die Präsenz des modifizierten Glascontainers für Aufmerksamkeit und Interesse sorgte:

httpvh://www.youtube.com/watch?v=zSiHjMU-MUo

Leider liegen keine Informationen vor, die Aussagen über den tatsächlichen “Gewinn” zulassen würden. Aber allein die Tatsache, dass über 100 Personen an nur einem Tag an dem „Spiel“ teilgenommen haben, lässt vermuten, dass es durchaus zu einer Verbesserung gekommen ist. Bei diesem Beispiel ist die Analyse auf Game Mechanics einfacher, da es sich um ein echtes Spiel handelt. Genutzte Game Mechanics sind:

  • Combos: Die Punktzahl hängt von der Anzahl der direkt hintereinander richtig eingeworfenen Glasbehältern ab.
  • Points: Art der Belohnung basiert auf der Anzahl der eingeworfenen Glasbehälter.
  • Status: Highscore bleibt, wenn auch anonym, erhalten.
  • Urgent Optimism: Sammeln von Glasbehältern verspricht Erfolg bei dem zugrunde liegenden „Einwurfspiel“.

Allgemein bleibt anzumerken, dass der konkrete Effekt auf das Umfeld sehr wahrscheinlich auch durch die Einzigartigkeit, beziehungsweise Neuheit hervorgerufen wird. Eine flächendeckende und dauerhafte Installation derartiger Ideen ist daher nicht zwingend erfolgversprechend. Auch das erzielte Ergebnis selbst ist nicht unbedingt aussagekräftig. So ist beim Beispiel „Bottle Bank Arcade“ nicht ersichtlich, ob es sich tatsächlich um eine Verbesserung des Verhaltens der Teilnehmer gegenüber der Umwelt oder nur um eine Form der “Wettbewerbsverzerrung” gegenüber den anderen Glascontainer handelt. Nichtsdestotrotz zeigen die Beispiele – wenn auch nur von kurzer Dauer und begrenzter Effektivität – wie Passanten mittels kleiner Modifikationen des Umfeldes zu einem bestimmten, in diesem Fall umweltorientierten Verhalten motiviert werden können.

Practically Green

Im Gegensatz zu den in der Realwelt angesiedelte Projekten der „Fun-Theory“-Awards , versucht Practically Green die reale und die virtuelle Welt miteinander zu verbinden. Seit Gründung 2010 ist Practically Green (Practically Green, 2012[ref] Practically Green (2012): http://practicallygreen.com/about.[/ref]) bestrebt, Menschen zu vermitteln, wie ein gesünderes Leben und Umweltschutz synergetisch kombiniert werden können. Der Weg zu diesem Ziel besteht nicht darin, klassische Ratschläge zu erteilen, sondern viel mehr durch den Einsatz von spielerischen Elemente im Social Web einen dauerhaft motivierenden Anreiz zum Umweltschutz zu schaffen. Vorbild bzw. besser Ideengeber für das Projekt war LEED (kurz für “Leadership in Energy and Environmental Design”). Dabei handelt es sich um ein Punktesystem, das dazu gedacht ist, nachhaltig gestaltete Gebäude bezüglich ihrer Wassereffizienz, Luftqualität, Baustellengestaltung oder anderer wichtiger Aspekte der Nachhaltigkeit zu bewerten. Die Gründerin von Practically Green, Susan Hunt Stevens, nahm LEED als Grundlage und versuchte dieses System auf den Menschen abzubilden. Ihr Ziel war die Kombination verschiedener Spielmechaniken zur dauerhaften Motivation aller Anwender.

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Die Webseite von Practically Green zeigt auf den ersten Blick ein Levelsystem, welches durch einen analog zum erreichten Level wachsenden Baum in der linken oberen Ecke dargestellt wird. Das Scoreboard direkt neben dem Baum setzt sich aus den Spalten Energy, Water, Health und Stuff zusammen. Daneben befinden sich eine Spalte für Freunde und deren neueste Aktivitäten (setzt natürlich ein soziales Netzwerk voraus). Ebenso auf dieser Seite zu sehen sind die erworbenen Badges, eingegangene Gruppenverbindungen, Blogverlinkungen, der eigene Aktionsplan, bereits erfolgreich abgelegte Aktionen, noch durchzuführende Aktionen, sowie eine empfohlene Maßnahme mit passenden Produktempehlungen. Das Grundprinzip von Practically Green basiert auf der Durchführung von durch das System vorgeschlagenen Aufgaben. Über die Integration von Sozialen Netzwerken wie beispielsweise Facebook werden die individuelle Durchführung dieser Aktionen sowie dadurch erreichte Badges für Freunde sichtbar, wodurch der Wettbewerb und die Motivation zur Teilnahme gefördert werden sollen. Insgesamt zeichnet sich Practically Green durch folgende Game Mechanics aus:

  • Achievements: Belohnungen für erfolgreich abgelegte Aktionen einer bestimmten Kategorie in Form von Badges.
  • Behavioral Momentum: Dauerhaftes Durchführen der Umweltaktionen aufgrund der dahinterliegenden guten Tat.
  • Epic Meaning: Umweltschutz als großes, übergeordnetes Ziel.
  • Level: Levelsystem in Form eines Baums zur weiteren Motivation.
  • Points: Je nach Schwierigkeit der Aktion wird eine unterschiedlich hohe Punktzahl vergeben.
  • Quests: Jede Aktion an sich stellt eine zu bewältigende Aufgabe dar.
  • Status: Wird vorallem in Kommunikation durch soziale Netzwerke erworben.

Als abschließendes Fazit kann festgehalten werden, dass Practically Green Gamification und Umweltschutz beispielhaft mit den Vorteilen des Web 2.0 verbindet. Aufgrund fehlender Kontrollmöglichkeiten bleibt die Ehrlichkeit bei der Durchführung der Aktionen allerdings rein dem Benutzer überlassen, was bei unehrlichem Verhalten zum Erreichen des nächsten Levels schnell den Grundgedanken des Systems aushebeln kann.

Die bisher beschriebenen Beispiele zeigen, welche Möglichkeiten im Bereich der „Green Gamification“ existieren und dass diese prinzipiell weltweit einsetzbar sind. Vor allem aber zeigen sie, welche Bandbreite durch Gamification im Bereich des Umweltschutzes abgedeckt werden kann. Die folgenden kleineren Beispiele stellen Gamifiaction-Ansätze dar, welche diese Bandbreite der „Green Gamification“ noch erweitern. Erwähnt werden muss jedoch auch, dass die weiteren Beispiele aufgrund verschiedenster Gründe (z.B. bereits existierender Lösungen, fehlender Technik zur Umsetzung, etc.) nicht weltweit eingesetzt werden können, oder zumindest aktuell noch nicht eingesetzt werden.

Weitere Recycling-Projekte

Neben dem in Deutschland bekannten Recyclingprinzip der Pfandrückgabe, existieren weltweit noch weitere Ansätze, um Menschen zu motivieren, Plastik- und Glascontainer zu recyclen.

Greenopolis

Eine der Möglichkeiten, Menschen zum Recycling zu motivieren, ist das von der amerikanischen Firma Greenopolis etablierte Punktesystem. Hierbei werden Punkte für jeden, an einem Rückgabeautomaten zurückgebenen Aluminium-, Plastik- oder Glascontainer verteilt. Diese Punkte lassen sich auf ein Onlinekonto bei Greenopolis vbuchen und später bei verschiedenen Geschäften und Restaurants in Amerika gegen Vergünstigungen oder Gutscheine eintauschen. Ab diesem Jahr ist es auch möglich, seine gesammelten Punkte an wohltätige Organisationen zu spenden .

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Eine weitere Möglichkeit um Punkte zu sammeln besteht darin, Tipps und Ideen auf der Webseite von Greenopolis zu hinterlassen und so andere zum recyclen zu animieren. Darüber hinaus bietet Greenopolis die Möglichkeit, eine eigens entwickelte App (RecyclePix) auf das Handy zu laden, mit der Fotoaufnahmen von Mitgliedern von Greenopolis gemacht werden während diese “recyclen”. Für diese Fotoaufnahmen werden ebenfalls Punkte vergeben. All diese Methoden stellen Spielmechaniken dar, die darauf abzielen, die Teilnehmer zum Recyclen zu animieren. Folgende konkrete Spielmechaniken werden verwendet:

  • Behavioral Momentum: Ständige Punktevergabe für Recycling, damit ständiger Gutscheingewinn.
  • Blissful Productivity: Ständiges recyclen fällt leichter durch Gewinn von Punkten.
  • Bonus: Punktegewinn für hilfreiche Tipps und Ideen.
  • Infinite Gameplay: Durch ewiges recyclen und durch die App erfolgt ein dauerhafter Punktegewinn, welcher durch die Gutscheine motiviert wird.
  • Points: Punkte für das recyclen.
  • Progression: Die Menge der Punkte die gesammelt werden, wird auf einem Onlinekonto vermerkt, und so der Fortschritt hin zum Gutscheingewinn angezeigt.

Greenopolis ist natürlich nur ein Beispiel. Natürlich existieren weltweit weitere Firmen, dich sich diesem Thema widmen.

Recyclebank

Ähnlich wie Greenopolis hat sich die amerikanische Firma Recyclebank dem Ziel verschrieben, das Recyclingsystem zu verbessern. Dazu kooperiert Recyclebank mit verschiedenen Müllentsorgungsunternehmen. Die Idee dieser Kooperation besteht darin, dass angemeldete Mitglieder ihre Gemeinde angeben, wenn sie sich auf www.recyclebank.com registrieren. Falls die Gemeinde über ein mit Recyclingbank kooperierendes Müllentsorgungsunternehmen verfügt, so wiegen diese die Menge an recycltem Müll, geben die gemessene Menge an Recyclebank weiter und Recyclebank rechnet diese dann in Punkte um, welche zu gleichem Maße an alle Recyclebankmitglieder in der Gemeinde verteilt werden. Mit diesen Punkte lassen sich dann – ähnlich wie bei Greenopolis – Vergünstigungen und Gutscheinen bei verschiedenen Firmen erwerben (Recyclebank, 2012[ref]Recyclebank (2012), More than 3 million members are making an impact, http://www.recyclebank.com/.[/ref]).

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Neben dem Recyclen an sich geht Recyclingbank jedoch noch einen Schritt weiter, indem Kooperationen mit Firmen angestrebt werden, die sich dem Umweltschutz verschrieben haben oder zumindest ein eigenes Programm zur Unterstützung des Umweltschutzes besitzen. So treten z.B. Firmen wie Coca Cola (Quiz zur Aktion Arctic Home[ref]Weitere Informationen finden sich z.B. unter http://www.consumerqueen.com/misc-deals/recyclebank-earn-new-points-with-coca-cola-arctic-home.[/ref]) oder Pantene (Quiz über Herstellung von Plastik aus Pflanzen) mit speziellen Projekten auf der Seite auf und offerieren Punkte für die Teilnahme an ihren Aktionen.  Ein weiterer wichtiger Aspekt hinter Recyclebank ist die Community dahinter. Regelmäßig werden Blogposts zum Thema Recycling, Energiesparmaßnahmen oder auch grünes Einkaufen geschrieben, zu denen Mitglieder Kommentare und weitere nützliche Tipps veröffentlichen können. Darüber hinaus kann jedes Mitglied Freunde und Bekannte zu Recyclebank einladen und so die Community stetig erweitern sowie gleichzeitig seinen eigenen Punktestand verbessern. Wie schon öfters erwähnt, stellt der Punktegewinn eine elementare Spielmechanik bei verschiedenen Aktionen in Recyclebank dar. Recyclebank gelingt es dieses System zu nutzen, und mit weiteren nachfolgenden Spielmechaniken zu kombinieren.

  • Behavioral Momentum: Recycling kann dauerhaft durchgeführt werden, somit stetiger Punktgewinn.
  • Epic Meaning: Neben dem Recycling stellt der Blogpost als Lernelement eine bedeutungsvolle Alternative dar.
  • Free Lunch: Das Aufteilen des Gewinns aus dem Recycling erreicht auch die, die wenig recyclen.
  • Infinite Gameplay: Endloses recyclen ermöglicht endlosen Punktgewinn.
  • Points: Punkte fürs recyclen, Kommentare und Geldgewinn.
  • Progression: Gespartes Geld durch Umweltschutz stellt Fortschritt dar.
  • Quests: Durch Firmen gestellte Aufgaben und andere Aktionen.
  • Virality: Umso mehr Leute in der Gemeinde recyclen, umso mehr Punkte sind möglich.

Kritisch zu hinterfragen sind v.a. die von fremden Firmen bereitgestellten Aktionen, da diese immer einen gewissen Grad an Werbung für die jeweilige Firma darstellen. Parallel dazu findet natürlich eine Beeinflussung des Punktegewinners dahingehend statt, dass nur Produkte von bestimmten Firmen als Eintauschmöglichkeit zur Verfügung stehen. Trotz dieser kritischen Punkte muss gesagt werden, das die Idee der “Gemeinschaftssammlung” durchaus interessante Aspekte verfolgt und insbesondere der Blog mit seinen nützlichen Tipps überzeugen kann.

Terracycle

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Hinter dem Terracycle-Projekt steht die Idee, Menschen aufzuzeigen, welchen Wert Müll tatsächlich haben kann. Die Zielgruppe wird animiert, Müll einer bestimmten vordefinierten Kategorie einzusammeln und einzusenden. Die so zusammengesammelten „Rohstoffe“ können im Anschluss in neue Produkte umgewandelt, also recycelt werden. Abschließend kann man die entstandene Ware selbst beanspruchen oder spenden. Im ersten Moment scheint diese Idee nicht wirklich viel mit Gamification zu tun zu haben. Jedoch stellt die Partizipationsmotivation möglichst vieler Teilnehmer auch hier einen entscheidenden Erfolgsfaktor dar. Diese Motivation geschieht mit Hilfe der folgenden Game Mechanics:

  • Achievements: Genügend gesammelte und abgeschickte Abfälle führen zur Belohnung.
  • Behavioral Momentum: Mitklingen des Umweltschutzes (“Spenden für den Guten Zweck“) lässt das Agieren sinnvoll erscheinen.
  • Epic Meaning: Gedanke des Umweltschutzes oder des „guten Zwecks“.
  • Urgent Optimism: Das Ziel ist erreichbar.

Es sei angemerkt, dass es sich beim Vorgehen von Terracycle nicht um eine tatsächliche Maßnahme im Sinne der „Gamification“ handelt. Lediglich der Nachweis von Spielmechaniken sorgt für die Aufnahme des Projekts. Des weiteren bezieht sich das Projekt größtenteils auf Abfälle, die in Deutschland ohnehin getrennt und recycelt werden. Für andere Länder, die bei der Problematik Mülltrennung/-Recyling noch nicht so weit sind, können Projekte wie Terracycle jedoch sicherlich einen Anreiz für den individuellen Beitrag zum Umweltschutz schaffen.

Projekte zum Energiesparen

Neben dem bisher beschriebenen Einsatz von Spielmechaniken für Recyclingsysteme, lässt sich Gamification auch für andere Bereiche des Umweltschutzes, z.B. zur Reduzierung des Stromverbrauchs im persönlichen Haushalt, als Motivationsfaktor nutzen.

Simple Energy

Simple Energy versucht, den Stromverbrauch der Teilnehmer auf spielerische Art und Weise unter Ausnutzung von Achievements und Ranglisten zu reduzieren. Im Moment befindet sich die Internetplattform von Simple Energy noch in der Betaphase, jedoch ist auch jetzt schon gut zu erkennen, wie versucht wird die gesteckten Ziele umzusetzen.

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Simple Energy arbeitet mit diversen amerikanischen Stromanbietern zusammen, um an die entsprechenden Kundendaten der Nutzer zu gelangen und so unter zu Hilfenahme der Möglichkeiten des „Smart Grid“-Netzes den Stromverbrauch der Mitglieder aufzuzeichnen. Mit diesen Voraussetzungen  hat Simple Energy eine Online-Community geschaffen, welche sich folgender Game Mechanics bedient:

  • Achievments: In Form eines Badgesystems („Beta-Tester“ Badge).
  • Behavioral Momentum: Versuch, dauerhaft den Stromverbrauch zu senken (unsicher, nicht kontrollierbare Einflüsse vorhanden).
  • Cascading Information Theory: Informationsgewinn durch tägliche Aufgaben  (somit ständiger Lernprozess).
  • Infinite Gameplay: Erhalt eines konstanten Stromverbrauchslevels.
  • Quests: Tägliche Aufgaben, die weiter motivieren sollen.
  • Status: Ranglistensystem, um sich mit Freunden und anderen Mitgliedern zu messen.
  • Urgent Optimism: Durch tägliche Aufgaben weiter den Stromverbrauch senken und so auf der Rangliste weiter nach oben steigen.
  • Virality: Die Möglichkeit, sich mit anderen zu messen oder Teams zu bilden.

Trotz der noch anhaltenden Betapahse zeigt Simple Energy schon jetzt das Potenzial welches hinter der Kombination Stromverbrauch und Gamification steckt. Vor allem in der Zeit des Energiewandels, in der immer mehr zentrale Kraftwerke durch dezentralen Stromgewinnungsanlagen ersetzt werden, sowie durch die damit verbundene Einführung des „Smart Grid“-Netzes, können derartige Ansätze einer breiten Bevölkerungsschicht von Nutzen sein.

EcoIsland

Bei EcoIsland[Nicht zu verwechseln mit http://www.eco-island.org.[/ref] handelt es sich um ein virtuelles Forschungsprojekt, durch das die CO2 Emissionen reduziert werden sollen, indem der Energieverbrauch reduziert wird. Um den Teilnehmer interessiert und motiviert zu halten, wird eine Echtzeitanzeige verwendet. Dieses Display wird im Wohnzimmer oder einem anderen viel genutzten Raum einer am Projekt teilnehmenden Familie angebracht. Auf dem Gerät ist die spielähnliche Anwendung EcoIsland installiert (Liu et al., 2011[ref]Liu, Yefeng; Alexandrova, Todorka & Nakajima, Tatsuo (2011): Gamifying Intelligent Environments. In: Proceedings of the 2011 International ACM Workshop on Ubiquitous Meta User Interfaces. New York, NY, USA: ACM, S. 7-12.[/ref]). Die Anwendung stellt eine Insel, genannt EcoIsland, dar, auf der jede im Haushalt lebende Person durch ein Avatar repräsentiert wird. Die Mitspieler melden dem Programm Aktivitäten wie die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel (direkte Reduktion der CO2 Emissionen, weil weniger Treibstoff verbrannt wird), das Ausschalten des Computers (indirekte Reduktion der CO2 Emissionen, da weniger Strom verbraucht wird, der zum Großteil aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird (International Energy Agency, 2011[ref]International Energy Agency (2011): Key World Energy Statistics. International Energy Agency.[/ref])) und andere energierelevante Aktionen. Diese Informationen werden durch den Wasserstand um EcoIsland herum auf dem Monitor visualisiert. Der Wasserstand lässt sich durch bestimmte Aktivitäten senken und steigt durch wenig umweltbewusste Handlungen an. Nachdem eine Handlung durchgeführt wurde, gibt es ein direktes Feedback in Form einer Sprechblase über dem Avatar des Durchführenden.

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Die Teilnehmer können sich ein persönliches Ziel definieren, beispielsweise die eigenen CO2-Emissionen um 20% unter den Landesdurchschnitt zu bringen. Durch vom System vorgeschlagene Aktivitäten wird auch das Konzept der Herausforderungen umgesetzt. Auch das Spielelement „Gewinne“ wird bei EcoIsland umgesetzt. Man kann sich, wenn man die entsprechende Leistung erbringt, von Punkten virtuelle Gegenstände kaufen, mit denen sich die Insel verschönern lässt. Es wurde ein vierwöchiges Experiment in Japan in den Monaten Dezember bis Januar durchgeführt, bei dem sechs Familien teilgenommen haben. In der ersten Woche wurde der Energieverbrauch der elektrischen Heizung gemessen, ohne dass EcoIsland gestartet war. Danach wurde EcoIsland installiert. Nach dem Experiment wurde eine Umfrage mit den 20 Teilnehmern durchgeführt, aus der hervorging, dass 17 zwischenzeitlich umweltbewusster geworden waren. Aus den Messungen des Energieverbrauches der Heizung wurde jedoch kein Zusammenhang zu den durchgeführten Aktivitäten erkennbar. Dies könnte nach Auffassung der Forschungsgruppe daran liegen, dass der Zeitpunkt ungünstig und die Experimentdauer zu kurz war. (Liu et al., 2011[ref]Liu, Yefeng; Alexandrova, Todorka & Nakajima, Tatsuo (2011): Gamifying Intelligent Environments. In: Proceedings of the 2011 International ACM Workshop on Ubiquitous Meta User Interfaces. New York, NY, USA: ACM, S. 7-12.[/ref]).

Kukui Cup

Der Kukui Cup ist ein von der University of Hawaii durchgeführter Wettbewerb, der auf dem Campus in Mānoa stattfindet. An diesem Wettbewerb können Studenten aus dem Studentenwohnheim teilnehmen (Brewer et al. 2011[ref]Brewer, Robert S.; Lee, George E. & Johnson, Philip M. (2011): The Kukui Cup: A Dorm Energy Competition Focused on Sustainable Behavior Change and Energy Literacy. 2011 44th Hawaii International Conference on System Sciences, 2011. IEEE, S. 1-10.[/ref]). Auf den Hawaiianischen Inseln ist Energie ein besonders knappes Gut, da dort der Großteil der Energie aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird. Daher sind die Einwohner insbesondere auf Öllieferungen angewiesen (Johnsen, 2011[ref]Johnson, Philip M. (2011): Why Is the Kukui Cup Important to Hawaii? URL: http://kukuicup.manoa.hawaii.edu/about/, zuletzt abgerufen am: 14.02.2012.[/ref]). Beim Kukui Cup werden mehrere Game Mechanics umgesetzt. Das erste Spielprinzip ist, dass der Wettbewerb in Runden organisiert ist. Es gibt drei Runden, die jeweils eine Woche dauern. Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Ziele, die es zu erreichen gilt. Zum einen existiert Einzelwertung, bei der jeder Teilnehmer Punkte und Lose erarbeiten kann, indem er sich Videos zur Energieproblematik ansieht, oder etwa eine Glühlampe durch eine Energiesparlampe ersetzt. Im Zuge dieser Wertung werden auch Ausflüge durchgeführt, um beispielsweise Windkraftanlagen zu besuchen. Das zweite grundlegende Ziel besteht darin, mit seiner gesamten Wohnebene einen möglichst geringen Energieverbrauch vorweisen zu können. Neben dem Status, dass die Wohnebene geehrt wird, gibt es auch Preise wie Eis oder Pizza für die Wohnebene zu gewinnen. Für die Durchführung des Wettbewerbes wurde ein spezielles Framework namens Makahiki verwendet. Auf den nachfolgenden Screenshots sieht man die Nutzeroberfläche, die von den Teilnehmern des Projektes verwendet wurde, um einen Überblick über den aktuellen Stand des Wettbewerbes zu bekommen.

[nggtags Gallery=”Gamification+Energiesparen+Kukui Cup”]

Nach dem Wettbewerb wurden durchgeführte Umfragen und die Nutzungsstatistiken der Online-Plattform ausgewertet. Es stellte sich heraus, dass das spielerische Konzept äußerst attraktiv war und die Partizipation bei knapp 40% lag. Von diesen Teilnehmern erklärten 98%, dass sie auch im Jahr 2012 am Kukui Cup teilnehmen wollten, sofern es ihnen möglich sei. Man hat festgestellt, dass die Lotterie und die Preise prinzipiell ein sehr geeignetes Konzept zur Motivation zur Partizipation am Wettbewerb darstellten (Lee et al., 2012[ref]Lee, George E.; Xu, Yongwen; Brewer, Robert S. & Johnson, Philip M. (2012): Makahiki: An Open Source Game Engine for Energy Education and Conservation. In: Foundations of Digital Games 2012. Raleigh, North Carolina.[/ref]).

Förderung umweltfreundlicher Fahrweise

Umweltschutz oder umweltbewusstes Verhalten werden heute häufig mit der Thematik „Kraftfahrzeug“, beziehungsweise „Fahrweise“ assoziiert. Das Auto ist das wohl am häufigsten genutzte Fortbewegungsmittel, was es zum priären Ansatzpunkt für umweltschutzorientierte Optimierungen macht. Fahrzeughersteller haben hierzu in den vergangenen Jahren viel beigetragen und die verbauten Motoren auf einen minimalen (gemessen an den Ansprüchen der Zielgruppe) CO2-Emissionswert getrimmt. Parallel wurde auf staatlicher Ebene mittels Einführung diverser gesetzlicher Rahmenbedingungen (TÜV, ASU, Umweltzonen) ein Beitrag geleistet. Was noch fehlt, ist die Optimierung der Ansprüche und des Verhaltens der Zielgruppe selbst. Hohe Ansprüche, wie möglichst große und leistungsstarke Motoren, tragen wenig zum Umweltschutz bei. Dieser Aspekt lässt sich aber nur durch ein wachsendes Umweltbewusstsein beeinflussen und ist daher ein generelles Problem. Das Verhalten des Kraftfahrers hingegen ist ein Ansatzpunkt, der unter Umständen durch Maßnahmen der Gamification verändert werden kann. Als Beispiele für solche Maßnahmen werden im Folgenden die Projekte „2010 Ford Fusion Hybrid“ und „Nissan Leaf“ näher betrachtet. Beide Projekte beinhalten die Nutzung eines (teil-)elektrischen Antriebs, welcher grundsätzlich als umweltbewusste Alternative zum klassischen Verbrennungsmotor angesehen wird. Interessant, im Sinne der „Green Gemification“, sind allerdings folgende anderen Aspekte:

Ford Fusion Hybrid

Das „2010 Ford Fusion Hybrid“-Projekt beinhaltet, neben den herkömmlichen Anzeigen (Tempo, Restenergie, …) eine zusätzliche Anzeige im Armaturenbrett. Es zeigt eine Pflanze, die in Abhängigkeit zum aktuellen Fahrverhalten des Kraftfahrers „aufblüht“ oder „eingeht“. Ein sehr einfaches Mittel, dass aber durchaus dazu geeignet ist, den Fahrer über sein falsches Verhalten zu informieren oder für besonders vorbildlichen Umgang mit seiner Umwelt zu belohnen (Wikipedia, 2012[ref]Wikipedia (2012):  Ford Fusion Hybrid, https://en.wikipedia.org/wiki/Ford_Fusion_Hybrid.[/ref]). Die hierbei umgesetzten Spiel-Mechanismen sind:

  • Achievements: Der Fahrer hält, durch sein vorbildliches Fahrverhalten, die Pflanze am Leben.
  • Behavioral Momentum: Der Fahrer erkennt, dass sein Verhalten sinnvoll ist und optimiert somit dauerhaft sein Fahrverhalten.
  • Bonus: Das Aufblühen der Pflanze als Würdigung längerfristiger Bemühungen/Aufmerksamkeit.
  • Epic Meaning: Eigener Beitrag zum Umweltschutz durch verantwortungsvolles und nachhaltiges Fahren.
  • Infinite Gameplay: Dauerhafter Erhalt der Pflanze.
  • Status: Erhalt des „Umweltschützer“-Status.
  • Urgent Optimism: Der Fahrer weiß, dass er die Pflanze aufblühen lassen kann.

„Nissan Leaf“ und „CARWINGS“

Nissan verfolgt mit dem „Nissan Leaf“ ein sehr ähnliches Modell. Wie beim „Ford Fusion Hybrid wird auch im Nissan Leaf mittels eines virtuellen Baumes aufgezeigt, wie umweltbewusst aktuell gefahren wird (Wikipedia, 2012[ref]Wikipedia (2012):  Nissan Leaf, https://de.wikipedia.org/wiki/Nissan_Leaf.[/ref]; Nissan, 2012 [ref]Nissan (2012):  Nissan Leaf, http://www.nissan.de/?cid=psgreenDE_degreencaromdeupsgg002&param=nissan%20leafkw=nissan%20leaf&#vehicles/electricvehicles/leaf.[/ref]). Nissan hat jedoch mit „CARWINGS“ sein Konzept um den Aspekt einer Social Community und dem Vergleich der Fahrer untereinander ergänzt. „CARWINGS“ ist ein System, mit dem sich das Fahrzeug mit einem Smartphone verbindet, um auf bestehende Social Networks des Fahrers zuzugreifen. Ziel ist die Vereinfachung der Optimierung des umweltbewussten Fahrverhaltens, d.h. der Fahrer kann zusätzliche Informationen zu seinem eigenen Fahrverhalten abfragen, sich über Verbesserungsmöglichkeiten informieren und mit anderen Fahrern vergleichen (Nissan, 2012[ref] http://www.nissan-global.com/ (2012): Environmental Activities http://www.nissan-global.com/EN/ENVIRONMENT/SOCIAL/CARWINGS/ [/ref]). Die genutzten Spiel-Mechaniken sind:

  • Achievements: Erhalt von Punkten durch Bewertung des Fahrverhaltens.
  • Behavioral Momentum: Erhalt der Punkte und Wahrung der Konkurrenzfähigkeit.
  • Infinite Gameplay: Dauerhafter Vergleich mit anderen Fahrern.
  • Points: Bewertung des Fahrverhaltens.
  • Status: Vergleich und/oder Besserstellung gegenüber Mitstreitern.

Beide Projekte sind eng mit dem Erfolg ihrer Basissysteme, also den Elektrofahrzeugen an sich, gekoppelt. Es ist zudem unklar, inwiefern die Konzepte in Situationen wie langen Autobahnfahrten oder Stresssituationen (Stadtverkehr) hilfreich bzw. sinnvoll einsetzbar sind.  Der Sicherheitsaspket darf ebenfalls nicht vernachlässigt werden. Hierbei stellt sich die Frage ob „Gamification“ von sicherheitskritischen Umgebungen wie Kraftfahrzeugen zielführend oder eher bedenklich ist.

Fazit

Grundsätzlich stellt sich natürlich die Frage, inwiefern das Umweltbewusstsein tatsächlich durch die hier beschriebenen Konzepte beeinflusst werden kann. Hierzu gibt es gut und weniger gut geeignete Konzepte. So ist der Ansatz der „Gamification of Environment“ zwar durchaus für kurzfristige, auf Neugier beruhende Verhaltensänderungen nutzbar, wird jedoch auf lange Sicht vermutlich keine tatsächliche Bewusstseinsänderung bewirken. Auch der Umfang der vorgestellten Maßnahmen ist beschränkt. Sobald die Grenze der Einzigartigkeit überschritten wird, werden die herausragenden Ergebnisse voraussichtlich verschwinden und das allgemeine Stimmungsbild gegenüber derartigen „Einrichtungen“ unter Umständen kippen. Beispielsweise könnten die eingebrachten Spielmechanismen und audiovisuellen Reize als nervend und unangebracht empfunden werden. Es ist sogar anzunehmen, dass durch einen Korrumpierungseffekt (Wikipedia, 2012[ref]Wikipedia(2012): Korrumpierungseffekt,  https://de.wikipedia.org/wiki/Korrumpierungseffekt.[/ref]) eine zuvor vorhandene intrinsische Motivation, den Umweltschutz voran zu treiben, einer wesentlich geringer wertigen extrinsischen Motivation, dem High-Score bzw. damit ggf. verbundenen monetären Anreizen, weichen wird. Demzufolge sind „Gamification-Maßnahmen“ mit ernsthaftem Hintergrund, insbesondere in Hinblick auf die Nachhaltigkeit der Maßnahme, nur bedingt sinnvoll.  Andere Vertreter, wie beispielsweise „Practically Green“ beeinflussen hingegen direkt das umweltbezogene Verhalten der Teilnehmer und stellt diese in Konkurrenz zueinander. Anders als „Gamification of Environment“ beruhen die Anhaltspunkte zur Verbesserung des eigenen Verhaltens allein auf Ehrlichkeit und Sportsgeist, da sich die erzielten Ergebnisse nur schwer oder z.T. überhaupt nicht überprüfen lassen.

Generell lassen sich die hier vorgestellten Konzepte in zwei Kategorien unterteilen. Zum einen existieren rein virtuelle Lösungen wie „Practically Green“ und zum anderen an tatsächliches Handeln gebundene Konzepte wie „Gamification of Environment“, „Recyclebank“ oder „Greenopolis“. Egal welche Realisierung vorliegt, ist stets eine Verhaltensänderung mittels Einbringung von Spielmechanismen das Ziel. Rein virtuelle Konzepte sind weniger aufwändig, neigen jedoch (da kaum extern kontrollierbar) dazu, zu eigenen Gunsten falsch geführt zu werden. Die Glaubwürdigkeit dieser Konzepte ist demnach nur bedingt vorhanden, was ebenso den Anreiz zur Nutzung einschränkt. Reale Konzepte hingegen sind aufwändig in der Umsetzung und häufig nur räumlich und zeitlich beschränkt einsetzbar. Häufig wird bei den hier vorgestellten Konzepten das Handeln der Teilnehmer durch „Badges“ diverser (wirtschaftlich orientierter) Unternehmen belohnt. Dies führt unweigerlich zur Frage, inwiefern der Wille zur Verbesserung des eigenen Verhaltens zu Werbezwecken der Wirtschaftspartner genutzt wird. Darüber hinaus sind Aktionen wie Greenopolis, die ähnlich der in Deutschland etablierten Pfandrückgabeverfahren funktionieren, natürlich nur in Ländern einsetzbar, in denen ein solches System (Pfand) bislang nicht oder nur in geringem Umfang realisiert wurde.

Grundsätzlich ist der Aspekt des direkten Konkurrenzkampfes der unterschiedlichen Rückgabeverfahren im Sinne der Umwelt durchaus interessant. Viele unterschiedliche Verfahren mobilisieren möglicherweise einen größeren Personenkreis, was sich zweifelsfrei zu Gunsten des Umweltschutzes auswirken würde. Insgesamt ist das Thema „Green Gamification“ längst nicht ausgereizt und lässt nahezu überall Handlungsspielraum für eigene Ideen und Vorstellungen. Auch wenn die Maßnahmen streng genommen häufig nur teilweise sinnvoll sind, dient es wenigstens dazu, die Thematik Umweltschutz in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken – was letztlich auch wieder der Umwelt zu Gute kommt.

Über Manuel Rosenau

Student im Masterstudiengang Informatik an der Universität der Bundeswehr München
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